Monika Hohlmeier, Oberfranken und Unterfranken • Ausgabe Nummer 112 - Dezember 2020


Klares Bekenntnis zur Rechtsstaatlichkeit und Startschuss für den nächsten Mehrjahreshaushalt

Die Abstimmungen in Rat und Parlament über den Konditionalitätsmechanismus sind ein historischer Erfolg für die Verfechter der Rechtsstaatlichkeit. Ab dem 1. Januar 2021 wird die Auszahlung von EU-Geldern an rechtsstaatliche Grundprinzipien geknüpft. Ab dem nächsten Jahr können Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit, die die solide Haushaltsführung und den Schutz der europäischen Finanzinteressen betreffen, wirksam sanktioniert werden. Damit wird eine langjährige Forderung des Europäischen Parlaments endlich umgesetzt.

Den Durchbruch verdanken wir vor allem dem Verhandlungsgeschick unseres finnischen Hauptverhandlungsführers Petri Sarvamaa von der EVP. Auch ich konnte als Vorsitzende des Verhandlungsteams an den Trilogverhandlungen mitwirken. Gemeinsam haben wir wesentliche Forderungen des Parlaments zur Erweiterung des Anwendungsbereichs, für den wirksamen Schutz von Endempfängern und eine signifikante Verkürzung des Verfahrens durchgesetzt:

  1. Die Definition von Rechtsstaatlichkeit bezieht sich auf die in Artikel 2 des EU Vertrags verankerten Grundwerte der Union und die Kopenhagener Kriterien. Im Anwendungsbereich sind insbesondere die Unabhängigkeit der Justiz und das ordnungsgemäße Funktionieren der staatlichen Behörden explizit verankert. Zudem wurden präventive Vorkehrungen miteingeschlossen. Damit sind auch drohende Verstöße umfasst.
  2. Das Verfahren zur Eröffnung von Sanktionen kann nicht über Jahre hinweg verschleppt oder mutwillig von einzelnen Mitgliedsstaaten blockiert werden. Die sogenannte "Notbremse"-Klausel ermöglicht es einem betroffenen Mitgliedsstaat lediglich den Europäischen Rat anzurufen, eine Blockade des Verfahrens ist damit jedoch nicht möglich. Der Rat hat unter normalen Umständen die gesetzliche Verpflichtung nach einem Monat zu entscheiden. Sollte ein Mitgliedsstaat den Europäischen Rat anrufen, würde dies nur zu einer zweimonatigen Verzögerung führen, bevor der Rat entscheiden muss.
  3. Der Schutz von Empfängern von EU-Geldern und Begünstigten gemeinnütziger Projekte, Bürgerinnen und Bürger, NGOs, Landwirte und Firmen wird sichergestellt. Diese sollen nicht für Fehler und Versäumnisse ihrer Regierungen bestraft werden können. Mitgliedsstaaten, gegen die ein Verfahren unter dem Rechtsstaatlichkeitsmechanismus eingeleitet wurde, müssen weiterhin fristgerecht Zahlungen an die Begünstigten leisten. Die Kommission stellt sicher, dass dies auch tatsächlich geschieht, sonst kann ein Vertragsverletzungsverfahren mit entsprechenden weiteren Sanktionen eingeleitet werden.

Daran ändert auch die nachträgliche Erklärung des Rates nichts, die geprägt vom Veto Polens und Ungarns eine spätere Anwendung nach einem potentiellen Urteil des Europäischen Gerichtshofs verlangt. Rechtlich ist diese Erklärung nicht bindend und kann die getroffenen Vereinbarungen nicht rückwirkend begrenzen oder abändern. Es gilt ausschließlich der vereinbarte Rechtstext, der in keinster Weise verändert wurde.

Zugleich ist es das gute Recht eines jeden Mitgliedsstaates, Europäische Rechtsakte vom Europäischen Gerichtshof (EUGH) überprüfen zu lassen. Ungarn und Polen haben bereits angekündigt von diesem Recht zeitnah Gebrauch zu machen. In der CSU-Europagruppe und der EVP sind wir überzeugt, dass die Haushaltskonditionalität einer eingehenden Prüfung durch den EUGH uneingeschränkt standhalten wird. Im Ergebnis wird eine Bestätigung der Rechtmäßigkeit durch den EUGH die Wirkungskraft der Haushaltskonditionalität nur verstärken und sie noch fester und nachhaltiger im Rechtssystem der Union verankern. Wir erwarten von der Kommission als Hüterin der Verträge, ihre Aufgabe vollumfänglich wahrzunehmen und unverzüglich mit der Erarbeitung von Richtlinien und dem Monitoring von Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedsstaaten zu beginnen, zumal Verstöße gegen rechtsstaatliche Prinzipien wie die Unabhängigkeit von Richtern, die Neutralität der Staatsverwaltung, die Pressefreiheit, der Zugang jedes Bürgers zur Justiz und noch einiges mehr grundsätzliche Voraussetzung sind, auf eine ordnungsgemäße Einnahme und Ausgabe von europäischer Gelder vertrauen zu können. Korruption, Oligarchentum, autokratische Strukturen müssen zurückgedrängt und unsere Grundprinzipien von Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und soziale Marktwirtschaft geschützt werden.

Die Verknüpfung von rechtsstaatlichen Prinzipien mit der Auszahlung von Geldern wird zum ersten Mal im nächstjährigen Haushalt zum Tragen kommen. Das Europäische Parlament und die Mitgliedsstaaten konnten sich am 4. Dezember auf die Schwerpunkte für das Jahr 2021 einigen. Das Ergebnis der konstruktiven Verhandlungen sieht im Besonderen mehr Geld für die Bereiche Digitalisierung, Umwelt und Transport vor. So werden für den Ausbau der europäischer Verkehrsinfrastruktur 60 Mio. Euro zusätzlich bereitgestellt, das Digitalprogramme erhält 26 Mio. Euro mehr und für das Umweltprogram Life+ ist ein Plus von 42 Mio. Euro vorgesehen. Im Bereich Sicherheit und Schutz der finanziellen Interessen der EU werden für die neue Europäische Staatsanwaltschaft +7,25 Mio. Euro zusätzlich bereitgestellt, das Programm Rechte und Werte bekommt 6,25 Mio. Euro und die Mittel für das Justiz-Programm erhöhen sich um 2,7 Mio. Euro. Auch die EU-Agenturen Eurojust (Agentur der Europäischen Union für justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen), eu-lisa (Europäische Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen) und die EU-Agentur für Grundrechte (FRA) werden finanziell bessergestellt. Erstmalig kommt es auch zur Anwendung des sogenannten Artikel 15.3 der EU-Finanzvorschriften. Dieser sieht vor, dass nicht ausgegebene Mittel im Bereich Forschung und Entwicklung im EU-Haushalt verbeiben und für neue Projekte der Spitzenforschung genutzt werden können. Dieses Jahr werden so zusätzlich 20 Millionen Euro für Gesundheits- und Weltraumforschung mobilisiert.

Mit den Plenarabstimmungen diese Woche sind damit die Grundpfeiler für den Beginn des nächsten Mehrjährigen Finanzrahmens 2021-2027 gelegt worden, sodass ab 2021 zielgerichtet, rechtsstaatlich abgesichert und mit dem größtmöglichen Mehrwert auf europäischer Ebene gehandelt werden kann.


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