Monika Hohlmeier, Oberfranken und Unterfranken • Ausgabe Nummer 72 - April 2017


Diesel als Treibstoff - besser als sein Ruf

Wäre der Diesel-Treibstoff eine Person, dann könnte man ihn wohl nach den letzten Monaten als persona non grata bezeichnen, so schlecht ist sein Ruf seit Bekanntwerden der Dieselgate-Affäre geworden. Dass der Skandal einen Rattenschwanz an schwerwiegenden Konsequenzen für den VW-Konzern und manch anderem Konzern nach sich ziehen würde (siehe Strafverfahren der US-amerikanischen Justiz oder Ermittlungsverfahren der deutschen Justiz, geforderte Strafzahlungen in Milliardenhöhe), war absehbar, doch die Talfahrt des Absatzes des Dieselautos war es zu Recht nicht. Aufgrund des monatelangen Bashings sah sich sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel vor kurzem gezwungen, Position für den Diesel zu beziehen: "Für den Klimaschutz ist das Dieselauto heute genauso ein gutes Auto wie es das gestern und vorgestern war." Der VW-Konzern und ein paar andere auch haben durch ihre Mogelsoftware vielen Kunden einen Bärendienst erwiesen, eine extrem einseitige Debatte gegen Dieselautos produziert und letztlich sich selbst geschädigt. Dabei hätte es so nicht kommen müssen. Jens Gieseke (CDU), Berichterstatter im sogenannten EMIS-Untersuchungsausschuss zu den Emissionsmessungen in der Automobilindustrie des Europäischen Parlaments legte vor wenigen Wochen seinen Abschlussbericht vor. Die Erkenntnis: Die Dieselgate-Affäre wäre wahrlich vermeidbar gewesen.

Alles nahm seinen Anfang im September 2015, als sich herausstellte, dass der VW-Konzern illegale Betrugssoftware benutzte, um den Schadstoffausstoß von Stickoxiden bei Diesel-Autos in Emissionstests zu drücken und somit die US-amerikanischen Abgasnormen zu umgehen. Der Skandal zog auch im Europäischen Parlament seine Kreise: Schon im Dezember wurde der EMIS-Untersuchungsausschuss eingerichtet mit dem Ziel, die Art und Weise von Emissionsmessungen in der europäischen Automobilindustrie zu untersuchen. Auch sollte der Frage nachgegangen werden, ob die Europäische Kommission und/oder nationale Behörden von dem Betrug wussten oder zumindest einen Verdacht hegten, und falls ja, warum sie bei etwaigen Unterschieden oder in den Messarten oder Betrugsverdachtsfällen nichts unternommen haben. Der Ausschuss ging diesen Fragen über 12 Monate in über 27 Anhörungen nach und die Ergebnisse des Abschlussberichts sind ziemlich ernüchternd. Wie die Abgeordneten des Untersuchungsausschusses im Abschlussbericht feststellen, fielen seltsame Diskrepanzen zwischen den Laborergebnissen und dem tatsächlichem Schadstoffausstoß auf den Straßen auf und waren Kommission, Mitgliedsstaaten und beteiligten Verantwortlichen in den Unternehmen anscheinend bekannt.

Eine große Rolle in dem Skandal spielten Abschalteinrichtungen. Mit deren Hilfe lassen sich Geräte, Anlagen oder Anlagenteile in manchen Situationen automatisiert abschalten. Grundsätzlich ist dies erlaubt, nur wenn durch eine solche Abschalteinrichtung die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, verringert wird, ist die Abschalteinrichtung in der EU verboten. Der EU Kommission fehlte zwar die Rechtsgrundlage, um selbst nach Abschalteinrichtungen zu suchen, sie war jedoch verpflichtet, die Durchsetzung einer EU-Verordnung aus dem Jahr 2007 und damit einhergehend des Verbots von Abschalteinrichtungen durch die Mitgliedsstaaten zu überwachen. Jedoch hat sie dies trotz Hinweisen der kommissionseigenen wissenschaftlichen Einrichtung (JRC) auf "seltsames Emissionsverhalten" und den möglicherweise "rechtswidrige Einsatz von Abschalteinrichtungen" nicht getan. Das EP fordert in seinem Bericht nicht nur eine bessere Marktüberwachung, sondern auch eine schnellstmögliche Einführung der sogenannten-RDE Gesetzgebung. Diese RDE (Real Driving Emissions = realitätsgetreue Emissionsausschüttung) findet auf tatsächlichen Straßen und nicht im Labor statt. Diskrepanzen bei Messungen werden dadurch reduziert und Manipulationen durch Abschalteinrichtungen entgegengewirkt. Der Druck in den Konzernen günstige und wettbewerbsfähige Autos zu produzieren, führte anscheinend zu einer ganzen Serie von Täuschungsversuchen mit bekanntem misslungenem Ausgang für alle Seiten. Damit einhergegangen ist, ein massiver Misstrauenszuwachs bzw. Vertrauensverlust gegen die deutsche Automobilindustrie und erhebliche Schäden finanzieller und wirtschaftlicher Art. Einige Umweltorganisationen und Umweltaktivisten glauben im Diesel gar den Teufel an sich entdeckt zu haben, der für alle Schäden und Probleme der Luft in den Städten oder sonst wo verantwortlich ist. Der Ruf des Diesels wurde gezielt ruiniert, fernab einer fachlich korrekten Debatte.

In den Köpfen der Bürgerinnen und Bürger hat sich die Gleichung eingebrannt: Diesel ist gleich schlecht. Leider ist dessen Image als Kollateralschaden im wahrsten Sinne des Wortes unter die Räder gekommen. Das freut natürlich vor allem die Grünen, die schon seit langem versuchen, den Dieseltreibstoff bewusst zu diskreditieren und die Dieselmotoren immer wieder als eine der größten Bedrohungen für Klima und menschliche Gesundheit darstellen. Fakt ist: Das Gas, das zu 76 Prozent für die Erderwärmung zuständig ist, ist Kohlenstoffdioxid. Mit einem bis zu 15 Prozent geringeren Kohlenstoffdioxidausstoß stellt der Diesel also trotz aller Messskandale weiterhin eine umweltfreundlichere Alternative zum Benziner dar. Denn durch ein spezielles Verbrennungsverfahren im Diesel-Motor wird die Energie im Kraftstoff viel besser umgesetzt. Solange die Industrie also noch nicht weit genug fortgeschritten ist, um Verbrennungsmotoren komplett durch andere Technologien zu ersetzen, stellt der Diesel dank seines geringeren Kohlenstoffdioxidausstoß einen unverzichtbaren Teil bei der Umsetzung von Klimaschutzzielen dar. Denn wie viel Diesel einsparen kann, zeigt schon allein dieses Rechenbeispiel: Man gehe von einer durchschnittlichen Fahrleistung von jährlich 15 000 Kilometer aus und einer Neuzulassung von 3 Millionen Pkws. Wenn diese Autos alle Diesel und nicht Benziner wären, könnte man knapp 600 000 Tonnen Kohlendioxid an Emissionen einsparen. Das entspricht dem jährlichen Kohlendioxidausstoß einer mittleren Kleinstadt mit 60 000 Einwohnern, etwa einer Stadt in der Größe Bayreuths. Kritiker wenden nun ein, dass dieses Beispiel von der Automobilindustrie komme. Das mag ja sein, aber wenn es Tatsache ist, dann bleibt es Tatsache, unabhängig davon wer dieses Argument verwendet.

Es zeigt sich also: Die Dieselgate-Affäre ist meines Erachtens zurückzuführen auf den Druck der Vorstände von Konzernen, die mit günstigen Autos den Weltmarkt erobern wollten und dabei die Regeln geflissentlich als nachrangig einstuften. Begünstigt wurde dieses System des Täuschens, dass in den Tests Laborergebnisse rechtlich akzeptiert wurden, die eine Manipulation erleichterten. Zu guter Letzt glaubten anscheinend einige in der deutschen Automobilindustrie, dass ihr Ruf so gut ist, dass niemand ihre Praktiken anzweifeln würde. Die Lehre daraus ist: Guter Ruf verpflichtet! Die deutsche Automobilindustrie ist in der Tat führend in der Welt. Wir haben großartige Unternehmen. Aber gerade deshalb muss die Politik sie streng an ihre Verantwortung erinnern und konsequent die Einhaltung von gesetzlichen Regeln fordern, vielleicht sogar die Industrie dazu auffordern noch mehr zu tun als nur die Pflicht. Der Diesel ist im Zeitalter der Verbrennungsmotoren nicht nur besser als sein Ruf, sondern wesentlich um die Umwelt zu schonen, die Klimaschutzziele zu erreichen, kostengünstig für Autofahrer mit hoher jährlicher Kilometerleistung (z.B. Handwerker oder Pendler) und gleichwertig zum Benziner anzusehen. Wir sollten uns gegen die Ideologen zur Wehr setzen, die wie immer pauschal verdammen, aber keine Lösung für die betroffenen Nutzer von Dieselfahrzeugen bieten. In einer globalisierten Welt ist die Vorstellung, dass niemand fliegen, jeder sich nur regional versorgen und seinen Urlaub maximal fünf Kilometer entfernt verbringen soll und das mit dem Fahrrad, anachronistisch und geradezu absurd. Ich bedauere sehr, dass dem VW-Konzern durch dieses Versagen Milliarden für Innovation verloren gehen und somit neue Technologien erst verspätet auf den Markt kommen werden - auch neue Dieseltechnologien.


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