Bernd Posselt, München • Ausgabe Nummer 17 - Juni 2012


Politische Union als Ziel

Mit einem gemeinsamen Jubiläumskongreß im Straßburger Europaparlament begingen am Wochenende vor dem Juni-Plenum die internationale, die deutsche und die französische Paneuropa-Union das 90-jährige Bestehen dieser ältesten europäischen Einigungsbewegung, an deren Spitze von 1973 bis 2004 der CSU-Europaabgeordnete Otto von Habsburg stand.

Zum Auftakt der 38. Paneuropa-Tage, die zentraler Bestandteil der Jubiläumsfeierlichkeiten waren, rief der Präsident der Paneuropa-Union Deutschland, der CSU-Europaabgeordnete Bernd Posselt, dazu auf, "als Konsequenz aus der Währungskrise endlich so etwas wie die Vereinigten Staaten von Europa zu schaffen". Dies bedeute, eine europäische Einheit zu entwickeln, die ebenso wie die USA in der Lage sei, sich in einer immer gefährlicheren Welt zu behaupten, aber mittels Strukturen, die der gewachsenen Vielfalt der europäischen Völker und Volksgruppen, Staaten und Regionen gerecht würden und nicht bloß ein Imitat Amerikas seien. Die Währungsunion sei nur deshalb gegründet worden, um eine starke politische Union nach sich zu ziehen, weshalb der jüngste Vorstoß von Bundeskanzlerin Angela Merkel, der Schirmherrin der Paneuropa-Tage, in diese Richtung massive Unterstützung verdiene.

Das Europäische Parlament, so Posselt, müsse zum zentralen Legislativorgan Europas mit uneingeschränktem Initiativrecht weiterentwickelt und in seiner Arbeit möglichst weitgehend in Straßburg konzentriert werden. Der Eurodistrikt Straßburg-Offenburg solle zur künftigen Europa-Hauptstadt, "zu einem Washington D.C. der EU" ausgebaut werden.

Als wichtigste aktuelle Ziele nannte Posselt die Schaffung einer friedlichen Weltmacht Europa mit gemeinschaftlichem Außenministerium, die Fortentwicklung des Straßburger Eurocorps zu einer Europäischen Armee sowie die Stabilisierung der europäischen Währung durch Harmonisierung der Wirtschafts- und Fiskalpolitik, einschließlich einer effizienten Finanzaufsicht. Die Ämter des EU-Ratspräsidenten und des Kommissionspräsidenten müßten unbedingt zusammengelegt werden, um neben einem starken Parlament auch eine echte europäische Exekutive etablieren zu können.

Posselt definierte die Paneuropa-Union als strikt überparteiliche Bürgerbewegung, die die europäische Kultur und Gesellschaft aus dem christlichen Glauben heraus sowie durch Zusammenarbeit zwischen Christen, Juden und Muslimen erneuern wolle. Zum Jubiläumsfestakt kamen im Straßburger Europaparlament rund 400 Repräsentanten aus 32 Nationen zusammen, darunter Parlamentspräsident Martin Schulz, der Elsässer Joseph Daul als Vorsitzender der christdemokratischen EVP-Fraktion, der kroatische Vizepremier Neven Mimica, der mazedonische Außenminister Nikola Poposki, der Vizepräsident des italienischen Abgeordnetenhauses Prof. Rocco Buttiglione, der Präsident des Landtages von Baden-Württemberg, Guido Wolf (CDU) sowie der Internationale und französische Paneuropa-Präsident Alain Terrenoire. Den Festgottesdienst am Sonntag im überfüllten Straßburger Münster zelebrierte der Erzbischof der Europa-Hauptstadt, Jean-Pierre Grallet.

Bei einem Empfang des Straßburger Bürgermeisters Roland Ries im Gobelinsaal des Rathauses, wo nach dem Zweiten Weltkrieg die von den Nationalisten verbotene und unterdrückte Paneuropa-Union durch Persönlichkeiten wie Richard Coudenhove-Kalergi, Konrad Adenauer und Franz Josef Strauß wiederbegründet wurde, nahm auch Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle teil, der bei einem Forum zum Thema "Glaube, Werte, Vielfalt - wodurch überlebt Europa?" sprach. Die geschichtliche Entwicklung seit 1922 beleuchteten im Rathaus, außer Bernd Posselt und Alain Terrenoire, auch Karl von Habsburg, der älteste Sohn von Otto von Habsburg, sowie Prinz Nikolaus, Bruder des regierenden Fürsten von Liechtenstein und Präsident der Coudenhove-Kalergi-Gesellschaft.

Bernd Posselt steht in der Nachfolge des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Alfons Goppel an der Spitze der Paneuropa-Union Deutschland, die ihren Sitz in München hat. 1975 hatte er die Paneuropa-Jugend Deutschland gegründet und fungierte bis zu seiner Wahl ins Europaparlament 1994 als engster Mitarbeiter Otto von Habsburgs. In den achtziger Jahren hatte er die Bürgerrechtsgruppen und Freiheitsbewegungen der Paneuropa-Union hinter dem Eisernen Vorhang koordiniert, die nach dem Fall von Mauern und Stacheldrähten im Gefolge des Paneuropa-Picknicks vom 19. August 1989 an der österreichisch-ungarischen Grenze legalisiert wurden. Die Paneuropa-Union ist in ganz Europa aktiv, die deutsche Sektion gehört zu den stärksten.


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